Das Konzil von Konstanz

 

von Daniela Frey

Vergangenheit & Gegenwart: Das Konzil von Konstanz

Bei einem Blick in die über 2000-jährige Geschichte von Konstanz wird schnell klar, dass das Konzil von Konstanz einen sehr wichtigen Platz in der Stadtgeschichte einnimmt.

In den Jahren 1414 bis 1418 wurde hier Geschichte geschrieben, deren Bedeutung weit über die Bodenseeregion hinausreichte. Zwei Päpste, ein Königspaar, wichtige Reichsfürsten und hochrangige geistliche Würdenträger spazierten durch die Straßen und Gassen der Stadt, trafen sich in Kirchen, Klöstern, Gaststätten und residierten in Häusern der Altstadt. Auch heute sind in der mittelalterlichen Altstadt noch viele Orte und Gebäude erhalten, die es schon während des Konzils gegeben hat. Was auf dem Konzil von Konstanz passiert ist und welche Bauwerke und Sehenswürdigkeiten heute noch daran erinnern, könnt ihr in diesem Artikel lesen.

Konzil von Konstanz: die Vorgeschichte

Hauptgrund für die Einberufung des Konzils war das Große abendländische Schisma, das die Kirche seit 1378 spaltete.

Das Große abendländische Schisma

Ihren Ursprung hatte die Spaltung in der Übersiedlung der Päpste von Rom nach Avignon (avignonesisches Exil). Bertrand de Got, der Erzbischof von Bordeaux, der 1305 als Clemens V. zum Papst gewählt worden war, verlegte ab 1309 allmählich die Kurie von Rom nach Avignon. Sechs weitere französische Päpste folgten nacheinander seinem Beispiel und residierten statt in Rom in der Stadt an der Rhône. Erst Gregor XI. verlegte 1377 den Papstsitz zurück nach Rom. Als er 1378 starb, waren die Tumulte während des Konklaves zur Wahl seines Nachfolgers groß: Das römische Volk verlangte lautstark nach einem römischen oder zumindest nach einem italienischen Papst. Man einigte sich schließlich auf den Neapolitaner Bartolomeo Prignano. Er wurde Papst Urban VI.

Sein undiplomatisches Verhalten führte jedoch bald dazu, dass viele Kardinäle Rom verließen und als Folge im September 1378 den Kardinal von Genf als Papst Clemens VII. wählten.

Damit war das Schisma vollzogen und spaltete nicht nur die Kirche, sondern auch Europa. Urban VI. starb 1389, Clemens VII. 1394. Aber auch unter ihren Nachfolgern, Bonifaz IX. und Gregor XII. auf römischer Seite sowie Benedikt XIII. in Avignon, war kein Ende des Schismas abzusehen.

Blick über den Bodensee auf die Alpen, ©DanielaFrey

Von Pisa nach Konstanz

Allmählich hatten jedoch Kardinäle auf beiden Seiten genug von den nicht endenden Macht­kämpfen und beriefen für das Jahr 1409 ein Konzil in Pisa ein, wo beide Päpste abgesetzt und mit Alexander V. ein neuer Papst gewählt wurde. Da jedoch auch die beiden anderen Päpste noch Gefolgsleute hinter sich wussten, dachten sie gar nicht daran, sich absetzen zu lassen. Mit dem Resultat, dass es nun drei Päpste gab!

Alexander V. starb bereits 1409 und zu seinem Nachfolger wurde der Neapolitaner Baldassare Cossa als Johannes XXIII. (1317-1419) gewählt, der sich schließlich mit dem römisch-deutschen König Sigismund von Luxemburg (1368-1437) auf ein weiteres Konzil verständigte. Nach König Sigismunds Wunsch sollte dieses Konzil in Konstanz stattfinden, und er konnte sich gegen den Papst durchsetzen: Im Dezember 1413 verschickte Johannes XXIII. Einladungen zu einem Konzil in Konstanz am Bodensee, das am 1. November 1414 beginnen sollte.

Konzil von Konstanz: Die Ereignisse von 1414-1418

Blick auf die Altstadt, ©DanielaFrey

Konstanz war im Jahre 1414 Bischofssitz und Reichsstadt, in der zwischen 6000 und 8000 Menschen lebten. Während des Konzils musste für viele zusätzliche Menschen Platz gemacht werden, Nahrungsmittel mussten beschafft und die Preise überwacht werden. Doch die Voraussetzungen waren gut: Die Stadt hatte sich bereits als Kongressstadt bewährt, die Zufuhr von Lebensmitteln konnte über den See bestens organisiert werden und der lokale Adel sicherte als Schutz die Veranstaltung.

Für die Stadtbewohner müssen es aufregende Wochen und Monate gewesen sein, als Papst (nur Johannes XXIII. nahm am Konzil teil, die anderen beiden nicht) und König, Kardinäle, Fürsten, Herzöge und Ge­lehrte mit Prunk und Gefolge Einzug in der Stadt hielten. Insge­samt waren teilweise vielleicht zwischen 20.000 und 30.000 Besucher während des Konzils in der Stadt und belegten Gasthäuser, private Unterkünfte, aber auch Quartiere im Umland der Stadt.

Das Konzil hatte sich drei große Ziele gesetzt: die Causa unionis, also die Beseitigung des Schismas und damit die Vereinigung der Kirche unter einem einzigen anerkannten Papst. Die Causa fidei, die Bekämpfung der Ketzerei und die Causa reformationis, die Reform der Kirche an Haupt und Gliedern.

Beginn des Konzils und Flucht des Papstes

Feierlich eröffnet wurde die Versammlung am 5.11.1414 mit einem Hochamt im Münster unter Leitung von Papst Johannes XXIII.

Während der ersten Sitzungen wurde schon bald klar, dass sich keine schnelle Lösung und kein Konsens für den Alleinvertretungs­anspruch Johannes XXIII. finden würde. Was diesen dazu veranlasste, im März 1415 sein Heil in der Flucht zu suchen. An diesem Punkt wäre das Konzil fast gescheitert. Es gelang König Sigismund aber, die Teilnehmer zusammenzuhalten und theologisch abgesichert – das Dekret Haec Sancta hatte das Konzil zur Spitze der Kirche erklärt – wurde Johannes gefangen genommen und nach einem Prozess abgesetzt.

Die Kirche St. Stephan in der während des Konzils das päpstliche Gericht tagte, ©DanielaFrey

Beendigung des Schismas

Der römische Papst Gregor XII. (1335-1417) erklärte daraufhin im Juli 1415 seinen Rücktritt. Benedikt XIII. (1342/43-1423) leistete länger Widerstand, wurde aber schließlich 1417 ebenfalls abgesetzt, was er aber bis zu seinem Tod nicht akzeptierte. Nach Absetzung bzw. Rücktritt aller drei Päpste und vielen Verhandlungen trat schließlich im November 1417 das Konklave zur Papstwahl im Kaufhaus am See zusammen. Bereits nach drei Tagen hatte man sich auf einen neuen Papst geeinigt: Kardinal Oddo Colonna  (um 1369-1431) wurde Papst Martin V.

Offiziell endete das Konzil am 22.04.1418 mit einem Hochamt im Beisein des Papstes und des Königs. Die Menschen verließen die Stadt nun in Scharen, um in ihre Heimat zurückzukehren. Vielfach blieben die Konstanzer auf unbezahlten Rechnungen sitzen.

Jan Hus und Hieronymus von Prag

Der böhmische Reformator Jan Hus (um 1370-1415) und sein Freund und Weggefährte Hieronymus von Prag (gest. 1416) wurden auf dem Konzil als Ketzer verurteilt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Mit beiden habe ich mich im Artikel Wohnorte, Tatorte, Erinnerungsorte: Jan Hus und Hieronymus von Prag in Konstanz ausführlicher beschäftigt.

Ergebnisse und Folgen des Konzils von Konstanz

Mit der Beendigung des Schismas war das Hauptanliegen des Konzils erfüllt worden. Einige Reformansätze waren getätigt oder zumindest angedacht worden. Die Verurteilung von Jan Hus löste in Böhmen die sogenannte Hussitenbewegung aus und damit jahrzehntelange Kriege und Bürgerkriege.

Neben der kirchlichen Seite wurden auf dem Konzil auch weltliche Entscheidungen getroffen, so beispielsweise die Belehnung des Burggrafen von Nürnberg, Friedrich VI. (1371-1440), mit der Mark Brandenburg und der Kurfürstenwürde. Friedrich erhielt hier ein Gebiet, das Jahrhunderte später als Brandenburg-Preußen eine wichtige Rolle in der deutschen Geschichte spielte würde.

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Verwendete Literatur

Thomas Martin Buck, Herbert Kraume: Das Konstanzer Konzil. Kirchenpolitik, Weltgeschehen, Alltagsleben, Ostfildern 2013.
Ansgar Frenken: Das Konstanzer Konzil, Stuttgart 2015.
Jan Keupp, Jörg Schwarz: Konstanz 1414-1418. Eine Stadt und ihr Konzil, Darmstadt 2014 (2. Auflage).
Monika Küble, Henry Gerlach: Augenzeuge des Konstanzer Konzils. Die Chronik des Ulrich Richental. Die Konstanzer Handschrift ins Neuhochdeutsche übersetzt, Darmstadt 2014.
Walter Rügert: Konstanz zur Zeit des Konzils. Ein historischer Stadtrundgang, Konstanz 2014.
Helmut Weidhase: Imperia: Konstanzer Hafenfigur, Konstanz 1997.

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