Chuzpe und Charme
von Marion Rissart
Peter Kürten alias »der Vampir aus Düsseldorf«
Peter Kürten, alias der »Vampir aus Düsseldorf«, weil er das Blut eines getöteten Schwans getrunken haben soll, ist eigentlich ein Kölner. Geboren wurde er am 26.Mai 1853 in Köln-Mühlheim, geköpft 48 Jahre später im Kölner »Klingelpütz«. Aber das ist Nebensache.
Schon früh Hang zur Perversion
Dazwischen ein triste Kindheit und Jugend in einem brutalen Elternhaus (der Vater war ein gewalttätiger Trinker und verging sich an einer seiner Töchter). Schon früh begann seine die Karriere als Kleinkrimineller. Kleine Diebstähle sowie das Anzünden von Heuschobern gehörten zur Tagesordnung. Und früh fiel auch sein perverser Hang zum Quälen auf: Er ergötzte sich daran, in Begleitung eines Hundefängers Tiere zu quälen.
Später ging er als »Düsseldorfer Massenmörder« in die Annalen der Kriminalgeschichte ein. Das Magazin »STERN« konnte sogar angesichts des 90zigsten Todesjahrs mit einen Beinah-Opfer aufwarten. Der damals 8 jährige stieß auf einem Feldweg auf den gutgekleideten Eisengießer. Dieser hatte ein Messer in der Hand und erklärte dem kleinen Jungen im freundlichen Ton, dass er ihm jetzt den Hals abschneiden wolle. Der Junge rette sich, weil sein Spielgefährte nach der Polizei schrie. Der meistgesuchte Mann der Weimarer Republik sprang einfach auf sein Fahrrad und radelte davon.
Schere, Messer oder Hammer bei sexualisierten Lustmorden
Die anderen Opfer hatten weniger Glück. Wahllos tötete Kürten Männer, Frauen und Kinder, wahllos waren auch seine Mordwaffen: Schere, Messer oder Hammer. 1929 war er auf dem Höhepunkt seiner Mörderkarriere. Zwischen Februar und November beging er acht Morde, die unzähligen Attacken und missglückten Versuche, vornehmlich auf Frauen nicht mitgerechnet. Die Morde verursachten nicht nur Aufruhr im In- und Ausland, sondern versetzten ganz Düsseldorf in Panik. Eltern holten ihre Kinder von der Straße, Nachbarn denunzierten sich gegenseitig, immer neue Trittbrettfahrer tauchten auf. Bis zu 50 Kripobeamte beschäftigten sich schließlich unter Leitung des Kriminalrates Rudolf Momberg mit dem Fall – und tappten weiter im Dunkeln. Schnell war Momberg klar, dass es sich hier um einen Sonderfall handelte. Die Vorstellung des Tötens schien dem Täter Freude zu bereiten und weil sich unter den Opfern auch um viele Frauen handelten, ging man von sexualisierten Lustmorden aus.
Dreistheit siegt – und Charme auch
Warum es der völlig überforderten Polizei lange Zeit nicht gelang, Peter Kürten dingfest zu machen, lag nicht nur an dem immensen Druck der Düsseldorfer Bevölkerung auf die Kripo. Sondern auch, weil sie so einen Mörder-Typus noch nie begegnet war. Zum einen besaß Kürten eine unglaubliche Chuzpe. Dreist mischte er sich nach seinen Taten unter die Gaffer, um sich an ihren Schrecken zu ergötzen und Neuigkeiten zu erfahren. Gleichzeitig sonnte er sich in seiner Eitelkeit, bislang unerkannt morden zu können, wann und wie er wollte. Gleichzeitig forderte er sein Glück auch heraus, in dem er Skizzen von der Grabstelle anfertigte und sie an die Zeitung schickte.
Sein gutes Aussehen war sein Kapital
Außerdem besaß er einen weiteren Vorteil. Sein gutes Aussehen war sein Kapital. Immer gut gekleidet und mit höflichen Umgangsformen (und auch Charme) ausgestattet, gelang es ihm immer wieder, Frauen zu überreden, mit ihm zu kommen. Seine Frau Auguste sah nicht umsonst in ihm den Weiberhelden und witterte überall eine Affäre. Lange war er auch einfach pures Glück; manche Frauen, die er zuvor würgte, konnten fliehen, gingen aber nicht zur Polizei. Doch irgendwann kam der Polizei der berühmte Kommissar Zufall zu Hilfe. Und zwar durch eines Opfers, Maria Butlies. Die junge Frau hatte Peter Kürten mit in seine Wohnung genommen, um sie dort zu erwürgen. Aus unerfindlichen Gründen ließ er von ihr ab, sie konnte fliehen und die Polizei später zu dem Tatort (Mettmannerstr. 71 in Düsseldorf) führen. Schließlich gelang es ihnen, den Mörder mit Hilfe seiner Frau an dem Düsseldorfer Rochusmarkt zu verhaften.
Ein und derselbe Henker wie bei Fritz Haarmann
Kürten kam zuerst in das Düsseldorfer Gefängnis »Ulmer Höh«, wo ihn Psychiater untersuchten und ihm volle Zurechnungsfähigkeit bescheinigten. Wegen Mordes in neun (nachgewiesenen Fällen) wurde Peter Kürten neunmal zum Tode verurteilt. Vollstreckt wurde das Urteil durch Fallbeil in seiner Heimatstadt im sogenannten »Klingelpütz«. Sein Ruf war schon so legendär, dass der Rundfunk live von seiner Hinrichtung berichtete. Prominent war auch Kürtens Henker, Kurt Gröpler. Denn der hatte bereits 1925 einen anderen Massenmörder hingerichtet, einen gewissen Fritz Haarmann aus Hannover. Doch das ist eine andere Geschichte.
Mehr Texte von Marion Rissart gibt es unter: Die Ahnin – Das Leben unserer Ahnen

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