Mozart in Wien

 

von Katharina Mölk

Wolfgang Amadeus Mozart1 wurde am 27. Jänner 1756 in Salzburg geboren. Er war das 7. Kind von Leopold und Maria Anna Mozart. Seine Jugend war sehr bewegt: ca. 20 Jahre verbrachte er auf Reisen quer durch Europa. Seine schaffensreichsten Jahre verbrachte er schließlich in der kaiserlichen Residenzstadt: während seiner letzten 10 Lebensjahre befand sich Mozarts Wohnsitz durchgehend in Wien.

1781 kam der 25-jährige Mozart in die Kaiserstadt und starb dort 10 Jahre später, am 5. Dezember 1791.

In diesen 10 Jahren lebte er in 13 verschiedenen Mietwohnungen. Diese hohe Zahl an Umzügen lässt sich folgendermaßen erklären:

Einerseits waren es finanzielle Gründe. Mozart ist bekannt dafür, dass er alles haben wollte, „das gut ächt und schön ist“. Sofern er es sich leisten konnte, bezog er mit seiner Familie schöne Appartements in Wien. Da Mozart als freischaffender Künstler immer unterschiedliche Einnahmen hatte (und diese auch schnell ausgab), konnte es durchaus vorkommen, dass er sich die aktuelle Wohnung nicht mehr leisten konnte. Somit musste die Familie umziehen.

Andererseits war Mozart auch ein sehr geselliger Mensch, der immer gerne Gäste empfing, die dann oft bis in die späten Abendstunden blieben: musizierend und lärmend. Das freute die Nachbarn wenig; sie legten den Mozarts nahe, doch besser auszuziehen.

Wo alles begann: Singerstraße 7 (1781) –

Der legendäre „Arschtritt“

Die erste Unterkunft, die Wolfgang Amadeus Mozart in Wien bezog, war im Deutschordenshaus (Singerstraße 7) im heutigen ersten Bezirk. Eine Gedenktafel erinnert dort an seinen kurzen Aufenthalt: vom 18. März bis 2. Mai 1781.

Die Wohnung zählt noch nicht zu den erwähnten 13, da Mozart zu dem Zeitpunkt noch im Dienst des Fürsterzbischofs von Salzburg, Hieronymus Colloredo, stand. Doch eines wurde Mozart klar als er in dieser Wohnung lebte: er wollte in Wien bleiben und nicht mehr nach Salzburg zurückkehren.

Das Verhältnis zum Fürsterzbischof Colloredo war sehr angespannt. Mozart fühlte sich durch diese Dienststelle in Salzburg zu sehr eingeengt: er wollte ein freier Künstler sein und nicht in Diensten anderer Menschen stehen. Außerdem konnte er in Salzburg seine geliebten Opern nicht verkaufen – die Nachfrage war nicht groß genug. In Wien war dies anders.

Als der Fürsterzbischof im April 1781 Mozart befahl nach Salzburg zurückzukehren, fand Mozart immer wieder Ausreden, um nicht abreisen zu müssen. Bei einer Audienz kam es zu heftigen Auseinandersetzungen, in denen Colloredo Mozart vorwarf undankbar zu sein: „[…] hiesse mich einen <lumpen, lausbub,> einen <fexen> – o ich möchte ihnen nicht ales schreiben – Endlich da mein geblüt zu starck in Wallung gebracht wurde, so sagte ich – sind also Ew:H: gnaden nicht zu frieden mit mir? – was, er will mir drohen, er <fex>, O er <fex>! – dort ist die thür, schau er, ich will mit einem solchen <elenden buben> nichts mehr zu thun haben – endlich sagte ich – und ich mit ihnen auch nichts mehr – also geh er – und ich: im weg gehen – es soll auch dabey bleiben; morgen werden sie es schriftlich bekommen.“ 2

Darauf gab Mozart an den fürsterzbischöflichen Oberküchenmeister Karl Graf Arco sein Entlassungsschreiben, doch dieser weigerte sich es anzunehmen. Im Juni versuchte es Mozart erneut: dabei kam es zu einer Auseinandersetzung, worauf Graf Arco Mozart mit einem Fußtritt in den Allerwertesten nach draußen beförderte. 3

Dieser denkwürdige Abgang leitete Mozarts Karriere in Wien ein.

Das Gebäude heute:

Neben einer Kirche beinhaltet das Deutschordenshaus Räumlichkeiten des Katholischen und auch des Orthodoxen Schulamts, das Zentrum für Weiterbildung der KPH Wien/Krems und das Generalarchiv des Deutschen Ordens.

Tatsächlich kann man auch heute noch im Deutschordenshaus wohnen. Es gibt die Möglichkeit, in einem Zimmer des Gästehauses zu übernachten.

In der öffentlich zugänglichen Schatzkammer des Deutschen Ordens können unter anderem die Insignien des Ordens besichtigt werden.

Im Erdgeschoß des Hauses befindet sich die reich mit Fresken verzierten Sala Terrena. Dort führte Wolfgang Amadeus Mozart für den Fürsterzbischof und den Adel Wiens einige Konzerten auf. Heute finden dort Konzerte des Mozart-Ensembles statt.

Das „Figarohaus“: Schulerstraße 8 (1784-1787)

Am 29. September 1784 wechselte Wolfgang Amadeus Mozart zum 8. Mal die Wohnung. Mit seiner Ehefrau Constanze und seinem neugeborenen Sohn Carl Thomas bezog er die repräsentative Wohnung in der Schulerstraße 8 (heutiger Eingang über die Domgasse 5).

Diese war die teuerste und größte Wohnung der Familie Mozart in Wien. Es handelt sich um ein ca. 100 m² großes Appartement im 1. Stock eines Hauses im Besitze der Mariana Camesina4. Im Gegensatz zu heute war damals die Nobeletage stets im 1. Stock untergebracht; schließlich gab es noch keinen Aufzug. Für Mozart war dies insofern optimal, da er sein Klavier zu den Konzerten immer mitnahm. Stellen Sie sich die Schwierigkeiten vor, ein solches Instrument aus dem 4. Stock hinunter und wieder hinauf zu schleppen!

Die Anzeige für das Appartement lautete folgendermaßen: „Repräsentative Nobelwohnung, zentrale Lage, Beletage, 4 Zimmer, 2 Kabinette, pro Jahr 450 Gulden plus Betriebskosten.“

Der 28-jährige Mozart hatte sich inzwischen in Wien bekannt gemacht und konnte sich eine solche Nobelwohnung leisten (immerhin für 2 ½ Jahre). Die 450 Gulden Jahresmiete entsprachen ungefähr einem Jahresgehalt, das Mozart in Salzburg verdient hatte. Nach verschiedenen Schätzungen verdiente Mozart zu dem Zeitpunkt in Wien zwischen 3000 und 5000 Gulden im Jahr!

Dass Mozart zu der Zeit ausgesprochen gut verdient hat, zeigt auch der Umstand, dass er drei Bedienstete hatte: eine Köchin, ein Stubenmädchen und den persönlichen Diener Joseph.

Mit der Familie Mozart und den Bediensteten lebten auch zwei Haustiere in dieser Wohnung: der Hund „Gauckerl“ und der Singvogel „Stahrl“.

Vom 11. Februar bis zum 21. April 1785 war Mozarts Vater Leopold zu Gast. Er einem Brief an seine Tochter Nannerl in Salzburg schrieb er, dass er die Wohnung schön fand und über Constanze berichtet er „[…] die Hauswirthschaft ist, was Essen und Trinken betrifft, in höchstem Grade öconomisch.“5

Außerdem beschreibt Leopold auch den Besuch Joseph Haydns in der Wohnung„Am Samstag abends war Herr Joseph Haydn und die zwei Barone Tindi [Tinti] bei uns. Es wurden die neuen Quartette gemacht, aber nur die drei neuen, die er zu den andern drei, die wir haben, gemacht hat. Sie sind zwar ein bischen leichter, aber vortrefflich komponiert. Herr Haydn sagte mir: Ich sage Ihnen vor Gott, als ein ehrlicher mann, Ihr Sohn ist der größte Komponist, den ich von Person und dem Namen nach kenne. Er hat Geschmack und überdies die größte Kompositionswissenschaft.“Die Streichquartette von denen die Rede ist, sind die sogenannten „Haydn-Quartette“, da Mozart sie nach diesem Konzert Joseph Haydn widmete.

Weitere Kompositionen, an denen Mozart in dieser Wohnung arbeitete, waren „Der Schauspieldirektor“, „Die kleine Nachtmusik“7, die „Maurerische Trauermusik“, zwei Freimaurerlieder, eine Sonate für Klavier und Violine, diverse Operneinlagen und drei Klavierkonzerte. Dies war eine unglaubliche Anzahl an Kompositionen in verhältnismäßig kurzer Zeit – man errechnete, dass Mozart täglich 6 Seiten mit jeweils 12 Zeilen komponierte.

Aber das bekannteste Werk, dass er hier schrieb, verleiht dem Haus heute seinen Namen: da Mozart seine Oper „Le nozze di Figaro“ hier komponierte, wird das Gebäude auch „Figarohaus“ genannt.

Exkurs zur Oper „Die Hochzeit des Figaro“:

Die Vorlage zur Oper war das zeitkritische französische Lustspiel „Der tolle Tag oder Figaros Hochzeit“ von Pierre-Augustin Caron de Beaumarchais (1784). Der Librettist Lorenzo da Ponte, der auch für Mozarts Opern „Cosí fan tutte“ und „Don Giovanni“ den Text geschrieben hatte, übersetzte den Text ins Italienische, kürzte und entpolitisierte das Stück: aus dem Streit zwischen Bürgern und Adligen wurde nun ein Konflikt zwischen Männern und Frauen: es siegt der Herzensadel über den Adel der Privilegien. Nur so konnte man der Zensur entgehen und die Zustimmung zur Aufführung bekommen. Am 1. Mai 1786 wurde die Oper im Hoftheater am Michaelerplatz uraufgeführt.

Heute zählt Mozarts „Le nozze di Figaro“ zu den bekanntesten und beliebtesten Opern, doch im Jahr 1786 blieb der Erfolg aus. Die Wiener mochten das Stück nicht. Der Adel kam in dem Stück nicht besonders gut weg, denn der schlaue Diener Figaro triumphiert über den Grafen Almaviva. Aber welche Menschen leisteten sich im 18. Jahrhundert Opernkarten? Überwiegend Adelige. Konnte es tatsächlich sein, dass Mozart den Adel bloßstellen wollte?

Die „Wiener Realzeitung“ schrieb: „Was in unseren Zeiten nicht erlaubt ist gesagt zu werden, wird gesungen.“ Außerdem berichtete die Zeitung von Störaktionen während der Vorstellung, lobte aber die Musik. Nach nur 10 Vorstellungen wurde die Oper vom Spielplan genommen.

Umso mehr gefiel die Oper dem Prager Publikum. Dort war das Stück ein voller Erfolg, weshalb Mozart von nun an häufig Reisen nach Prag unternahm. Er schrieb an seinen Freund Gottfried von Jaquin: „Ich sah mit ganzem Vergnügen zu, wie alle diese Leute auf die Musik meines Figaro, in lauter Contrtänze und Deutsche verwandelt, so innig vergnügt herumsprangen. Denn hier wird nichts gesprochen als vom – Figaro. Nichts gespielt, geblasen, gesungen und gepfiffen – als Figaro. Keine Oper besucht als – Figaro und ewig Figaro. Gewiß, große Ehre für mich.“

Doch nun zurück in die Schulerstraße 8:

Viele Gäste, Bedienstete, Friseure, Klavierstimmer, Händler, „Kind und Kegel“ gingen im Hause Mozart ein und aus. Es muss eine unglaublich belebte Wohnung gewesen sein. Leopold Mozart beschwert sich in einem Brief, keine Ruhe zum Schreiben zu finden, weil gerade „der Frottier oder Zimmerbodenwixer das Zimmer herumtanzt.“ Außerdem hatte Mozart auch regelmäßig Schüler zu Gast. 

Da er als selbstständiger Künstler viele Einnahmequellen brauchte, gab er in seiner Wohnung auch Musikunterricht. Berühmte Schüler Mozarts waren z.B. der Engländer Thomas Attwood 8 und das „Wunderkind“ Johann Nepomuk Hummel. Den 7-jährigen Hummel nahm Mozart für 2 Jahre als Schüler an und unterrichtete ihn sogar gratis.

Am 18. Oktober 1786 kam der Sohn Johann Thomas Leopold Mozart in dieser Wohnung zur Welt, verstarb allerdings schon am 15. November. 9

Nach wie vor wird diskutiert, ob der junge Beethoven Mozart bei seinem ersten Wien-Aufenthalt kennenlernte. Sollte dies der Fall gewesen sein, hätte sich dieses Treffen in der Schulerstraße 8 zutragen können. Doch es gibt keine Beweise dafür. Beethoven war ein großer Mozart-Verehrer, aber es gibt keine schriftlichen Hinweise auf ein Treffen.

Am 23. April 1787 zieht die Familie aus der Wohnung in der Schulerstraße 8 aus. 2 ½ Jahre haben sie in dieser Wohnung verbracht. Das klingt nicht viel, aber es war tatsächlich die längste Zeit, die die Familie Mozart in Wien eine Wohnung durchgehend bewohnt hat.

Das Gebäude heute:

Diese Wohnung ist die einzige noch erhaltene Mozart-Wohnung.

1906 ließ der Wiener Männergesang-Verein eine Gedenktafel am Gebäude anbringen.

Seit 2006 befindet sich dort das „Mozarthaus Vienna“ (Eingang über die Domgasse 5). Das Museum erstreckt sich über 3 Stockwerke, wobei die Mozartwohnung im 1. Stock vom Wien Museum kuratiert wird.

1 … Eigentlich wurde er auf den Namen Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus getauft. Mozart selbst entschloss sich später seinen Namen auf den heute bekannten zu ändern. Amadeus ist die lateinische Form von Theophilus (zu deutsch: Gottlieb).

2 … Brief Mozarts an seinen Vater, 9. Mai 1781, Bibliotheca Mozartiana: Internationale Stiftung Mozarteum

3 … Dies soll sich am 9. Juni 1781 ereignet haben. Mozart selbst schrieb dazu in einem Brief an seinen Vater Leopold: „Nun, das heisst auf teutsch, daß Salzburg nicht mehr für mich ist; ausgenommen mit guter gelegenheit dem H. grafen wieder ingleichen einen tritt im arsch zu geben, und sollte es auf öfentlicher gasse geschehen […]“ Brief Mozarts an seinen Vater, 9. Juni 1781, Bibliotheca Mozartiana: Internationale Stiftung Mozarteum

4 … Das Gebäude wird auch „Camesina-Haus“ genannt.

5 … Brief Leopold Mozarts an seinen Tochter Maria Anna („Nannerl“), 14. Februar 1785, Bibliotheca Mozartiana: Internationale Stiftung Mozarteum

6 … S.o.

7 … Eigentlicher Name „Serenade Nr. 13 für Streicher in G-Dur (KV 525)“. Den Beinamen „Eine kleine Nachtmusik“ erhielt sie wegen Mozarts Eintrag in seinem Werkverzeichnis: „Eine kleine Nachtmusik, bestehend in einem Allegro.Menuett und Trio.-Romance.Menuett und Trio, und Finale.-2 violini, viola e bassi.“ Nachtmusik bezeichnet die deutsche Übersetzung des Begriffes „Serenade“. Eine Serenade ist eine Musikgattung, die meist abends und im Freien gespielt wurde.

8 … Heute ist Englisch „DIE Weltsprache“, aber dies ist eine Entwicklung der letzten 100 Jahre. Noch Kaiserin Elisabeth (1837-1898) unterhielt sich mit ihren Schwestern, wenn diese am Wiener Hof zu Besuch waren, auf Englisch, da nur wenige diese Sprache verstehen konnten. Ein Beweis, dass Mozart neben Deutsch, Italienisch und Französisch auch Englisch sprach, ist folgende Notiz, die er einem seiner Schüler hinterließ: „This after noon I am not at home, therefore I pray you to come to morrow at three & a half.“

9 … Mozart und Constanze hatten insgesamt 6 Kinder. Nur 2 Söhne wurden erwachsen. Die hohe Kindersterblichkeitsrate war zu der Zeit nicht ungewöhnlich: Hunger, mangelhafte Hygiene und Krankheiten (z.B. die Pocken) trugen dazu bei.

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