Esterhazy Torte

von Thomas Stiegler

Wir Österreicher verdanken den Ungarn mehr, als uns heute bewusst ist.

Ich denke dabei etwa an Maria Theresias Auftritt vor dem ungarischen Landtag, als sie, den nur wenige Monate alten Kronprinz Joseph im Arm, um Unterstützung gegen die von allen Seiten anrückenden Feinde bat. Und die Ungarn ihr nicht nur die Unterstützung ihrer Armee zusicherten, sondern durch ihr beherztes Eingreifen das Habsburgerreich vor dem Untergang bewahrten.

Vor allem aber denke ich an die Kultur und die Lebensart, mit der uns die Ungarn so reich beschenkten. Waren doch unsere beiden Länder über Jahrhunderte hinweg aufs Engste miteinander verbunden und beeinflussten sich in dieser Zeit auf wunderbare Weise gegenseitig.

Aber nicht nur der ungarischen Kultur und den Menschen dieses Landes haben wir so viel zu verdanken, sondern auch dem ungarischen Adel, und dabei vor allem der Familie derer von Esterhazy.

Noch heute dominiert ihr Schloss das kleine Städtchen Eisenstadt, das, nur knapp sechzig Kilometer vor den Toren Wiens gelegen, noch heute ein Zentrum der Kunst und Kultur ist und bis vor Kurzem die weltberühmten Haydn Festspiele beheimatete.

Denn J. Haydn war einer der der vielen Künstler, die ihr Brot und Auskommen einem Esterhazy verdankten, in diesem Fall Nikolaus I. Joseph, „dem Prachtliebenden.“

Ein Stück Esterhazy Torte, ©lenyvasha

Einer der letzten großen Kunstmäzene der Esterhazys war Paul III. Anton.

Nach einem Leben im Dienste des habsburgischen Reiches sah er sich durch die Revolution im Jahre 1848 vor die Entscheidung gestellt, entweder an der Seite seines Vaterlandes zu kämpfen oder den Habsburgern die Treue zu halten.

Wie viele seiner Vorfahren entschied er sich für die Loyalität zum Kaiserhaus und trat von seinem Amt als ungarischer Minister zurück.

Deshalb war er gezwungen, sein restliches Leben außerhalb Ungarns zu verbringen, vor allem auf dem Eisenstädter Schloss seiner Vorfahren. Dort sollte er auch sterben, leider ohne den österreichisch-ungarischen Ausgleich des Jahres 1867 zu erleben.

Kurz vor seinem Tod war das Majorat der Esterhazys zahlungsunfähig. Denn schon die Vorgänger Pauls lebten weit über ihre Verhältnisse und gaben ein Vermögen aus für immer neue Prachtbauten, rauschende Feste und die Unterstützung verschiedenster Künstler.

So lange, bis von dem einst sagenhaften Reichtum der Esterhazys nichts mehr übrig war.

Ein schrecklicher Verlust für die Erben, aber was für ein Segen für Kulturliebhaber bis in die heutige Zeit.

Denn es sind nicht nur die vielen wundervollen Bauwerke in Österreich, Ungarn oder der Slowakei oder die zahlreichen Künstler, die sie unterstützten, die sie für uns so wichtig machen.

Sondern sie haben uns auch ein Beispiel einer vollendeten Lebensführung gegeben, die sich nicht zuletzt in der Kochkunst niederschlug.

Eine der Köstlichkeiten, die für Paul III. Anton entworfen wurde, ist die Esterhazy-Torte, die bezeichnenderweise im Fin de siècle zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Budapest entstand.

Sie besteht aus hellgelber Buttercreme zwischen Biskuitböden, überzogen mit weißer Zuckerglasur und verziert mit Schokolade und Mandelblättchen.

Detail Esterhazy Torte, ©Milkos

Ein bezeichnendes Bild für dieses hochverfeinerte Adelsgeschlecht, dem wir so viel an Kunst und Schönheit in der Geschichte unseres Landes verdanken.

Rezept:

Boden:

320 g Haselnüsse, fein gerieben
30 g Mehl, glatt
11 Eiklar
350 g Kristallzucker

Auf Backpapier sechs Kreise im Durchmesser von 24 cm zeichnen (am besten mithilfe einer Springform). Backrohr auf 190 °C vorheizen.

Eiklar leicht anschlagen, Kristallzucker langsam zugeben und zu einem schnittfesten Schnee schlagen. Die Haselnüsse und das Mehl vermischen und vorsichtig unter den Schnee heben.

In etwa sechs gleich große Teile teilen und die sechs Backpapierkreise damit bestreichen.

Im Backrohr auf mittlerer Schiene etwa 15 min. backen, bis der Teig hellbraun ist. Dann herausnehmen, wenden, das Papier abziehen und auskühlen lassen.

Creme:

250 ml Milch
2 Dotter
30 g Vanillepuddingpulver
70 g Kristallzucker
1 Pkg. Vanillezucker
80 g Haselnuss Nougat
300 g Butter

Etwa 200 ml der Milch mit Zucker aufkochen. Restliche Milch mit den Eidottern, dem Vanillezucker und dem Puddingpulver glatt verrühren, in die heiße Milch einrühren und unter ständigem Weiterrühren aufkochen lassen.

Pudding in eine Schüssel füllen und mit dem Nougat verrühren, bis die Masse kalt ist. Die weiche Butter zugeben und das Ganze aufschlagen, bis eine weiche Creme entsteht.

Fünf der Böden mit der Creme bestreichen und auf dem Boden der Springform aufeinandersetzen. Etwas Creme für den Rand aufbewahren.

Den sechsten Boden obenauf legen, leicht andrücken und den Tortenrand mit der übrigen Creme bestreichen. Tortenring überstülpen und schließen.

Mit Frischhaltefolie abdecken und für etwa zwei Stunden kühl stellen.

Esterhazy Torte, ©anna.pustynnikova

Glasur und Verzierung:

300 g Fondant (dicke, weiße Zuckerglasur)
oder:
1 Eiklar
170 g Staubzucker
1 TL Öl
1 EL Zitronensaft

30 g Marillenmarmelade
50 g Bitterkuvertüre
100 g Mandelblättchen

Die Springform öffnen, abheben und die Tortenoberfläche mit etwas Marmelade (nach Geschmack mit 2 cl Rum verfeinert) bestreichen.

Für die Glasur entweder das Fondant auf max. 40 °C erhitzen und warm über die Torte gießen oder das Eiklar mit Staubzucker, Öl und Zitronensaft cremig rühren und die Torte damit überziehen.

Den Tortenrand mit den Mandelblättchen verzieren.

Für das typische Esterházy-Muster die Kuvertüre schmelzen, in eine Spritztüte füllen und im Abstand von 2 cm Kreise auf die noch feuchte Oberfläche spritzen. Mit einem Messerrücken sofort im gleichen Abstand Querstreifen ziehen, abwechselnd von der Mitte zum Rand und vom Rand zur Mitte.

Die Glasur vollständig auskühlen lassen.

Kulturgeschichten zum Kaffee

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