Ein Minotaurus in Salzburg

 

von Katharina Mölk

Seit der Renaissance wurden die griechisch-römischen Sagen wiederentdeckt. Sie erfreuten sich unglaublicher Beliebtheit, vor allem bei den Adligen Europas, die mit diesen Sagenmotiven ihre Paläste dekorieren ließen. Diese neuzeitlichen und barocken Wandbemalungen, Deckenfresken und Statuen können heute noch an vielen Orten in Österreich bewundert werden.

Doch tatsächlich wurde ein antikes Original in Österreich gefunden!

Es handelt sich dabei um ein großes Bodenmosaik einer römischen Villa aus dem 4. Jh. n. Chr. Dieses wurde 1815 bei Salzburg entdeckt und befindet sich inzwischen in der Antikensammlung des Kunsthistorischen Museums in Wien.

Es ist außergewöhnlich, dass ein großes vollständiges Mosaik aus der Antike in Österreich erhalten geblieben ist.

Das Mosaik zeigt Szenen aus der Theseus-Sage:

Die Athener mussten, seitdem sie dem kretischen König im Krieg unterlagen, alle 7 Jahre Tribut nach Kreta schicken. Es handelte sich dabei um Jünglinge und Mädchen, die dem furchtbaren Minotaurus geopfert wurden, einem Wesen halb Mensch, halb Stier. Der griechische Erfinder Dädalus hatte in der kretischen Hauptstadt Knossos ein Labyrinth entworfen, in dem der Minotaurus gehalten wurde. In dieses Labyrinth wurden die Menschenopfer geführt. Da sie den Ausgang nicht finden konnten, wurden sie von Minotaurus entdeckt und getötet.

Der Königssohn Theseus meldete sich freiwillig, um Minotaurus zu erlegen. Sein Vater Ägeus trug ihm auf, bei glücklicher Rückkehr weiße Segel zu hissen, statt der schwarzen, mit der die Tribute stets ihre Heimat verließen.

Auf Kreta angekommen, bekam er Hilfe von der kretischen Prinzessin Ariadne; sie gab ihm den heute sprichwörtlichen „Faden der Ariadne“, damit er aus dem Labyrinth wieder herausfinden konnte. In der Mitte des Labyrinths traf Theseus auf den Minotaurus und tötete ihn. Er fand mithilfe des Fadens wieder hinaus und floh mit Ariadne und der athenischen Schiffsbesatzung von Kreta. Doch als sie auf der Insel Naxos Station machten, musste Theseus die schlafende Ariadne dort zurücklassen, da sich der Weingott Dionysos in sie verliebt hatte und sie für sich forderte.

Theseusmosaik, © Kunsthistorisches Museum Wien, Antikensammlung; Link zum Bild

Bei der Rückkehr nach Athen vergaß Theseus jedoch, die weißen Segel zu hissen. Sein Vater, der sehnsüchtig die Rückkehr seines Sohnes erwartete, sah das sich nähernde Schiff mit den schwarzen Segeln und folgerte, dass sein Sohn tot sei. Daraufhin stürzte er sich ins Meer, das seitdem das Ägäische heißt.

Auf dem Mosaik sind folgende Szenen zu sehen: Theseus, der den Minotaurus tötet, der Faden der Ariadne, Ariadne auf Naxos und die Rückkehr nach Athen mit den schwarzen Segeln.

Dieser Mythos wurde in der Renaissance wiederentdeckt und zu einem beliebten Motiv für Wandteppiche, Deckenfresken und Gemälde. Auch Theaterstücke und Opern wurden dem Thema gewidmet, z. B.  „Ariadne auf Naxos“ von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal. Die zweite Fassung des Stücks wurde am 4. Oktober 1916 in der Wiener Hofoper uraufgeführt.

Schon 1800 Jahre zuvor hatte es in Wien ein Theater gegeben. Ob damals wohl dasselbe Thema zur Aufführung kam?

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