Brunft ohne Halali im Hofgarten

 

 

von Marion Rissart

Heute reißt es keinen mehr vom Hocker, doch früher war es ein romantisch verklärtes Motiv. Der röhrende Hirsch in Öl gegossen zierte nicht nur die bürgerlichen Räume, sondern auch, in Bronze, Düsseldorfs Hofgarten.

 

Rominter Hirsch als populäres Motiv

Ursprünglich 1909 als verschönerndes Zitat hinter dem Hofgärtnerhaus, dem heutigen Theatermuseum, aufgestellt, hebt der in neue Bronze gegossenen „Rominter Hirsch“ nun sein mehrfach restauriertes Geweih in Deutschlands ältestem Volkspark an der Kaiserstraße. Sein Erbauer, der Kölner Josef „Jupp“ Pallenberg (1882-1946), war nicht nur versiert in Tierzeichnungen, sondern stand in seiner Ausbildung unter den Fittichen des berühmten Düsseldorfer Bildhauers Karl Janssen (u.a. „Der Schlaf“ und „Vater Rhein“ und seine Töchter“).

Josef Pallenberg als scharfer Beobachter

Die Zoos Deutschlands hatten es ihm angetan. Pallenberg, der schon als Kind anatomische Details durch Auskochen der Tiere erwarb, schuf nicht nur für den Tierpark Hagenbeck Dinosaurier, sondern auch Flamingos, Bären, Löwen und Pinguine. Als scharfer Beobachter, der er war, entging dem Künstler kein Muskelspiel, das er nicht in den Fellschattierungen seiner Skulpturen einzufangen wusste. In seinem Düsseldorfer Atelier (Niederrheinstraße 239) fanden sich nicht nur etliche Tierplastiken, sondern auch ihrer lebendigen Pendants. Von seinen Lohausener Nachbarn argwöhnisch beäugt, ging er mit seinem Löwen, Wildschwein & Co spazieren. Nach seinem Tod gingen der Rest seiner Sammlung, die die Fliegerbombe überlebt hatten, an das Löbbecke Museum. Sein Atelier übernahm der umstrittene, weil auf Hitlers „Gottbegnadeten Liste“ gesetzte Bildhauer Arno Breker.

Weitere Werke von Josef Pallenberg, ©Schloss Benrath

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Halali über Bett und Anrichte

Warum sich gerade der röhrende Hirsch als Gemälde seinen Weg in die Wohnzimmer bahnte, lag daran, dass das Jagdmotiv nun auch in bürgerlichen Kreisen reißenden Absatz fand. Ursprünglich ein Privileg des Adels, hingen ab dem späten 19. Jahrhundert unzählige Reproduktionen eben dieser Szenarien in barocken Bilderrahmen über Anrichten, Sofas oder ehelichen Schlafstätten. Die Natur wurde zum verklärendes Betrachtungsgut, dass man bequem von der Couch aus konsumieren konnte, ohne im Schweiße seines Angesichts draußen herumkraxeln zu müssen.

 

Josef Pallenberg, Rominter Hirsch, ©Marion Rissart

Paarungsbereitschaft des Besitzers?

Galt der röhrende Hirsch bis zu den 40ern des 20. Jahrhunderts vielleicht nur als bieder, wurden dessen Ölschinkenbesitzer ab den 70er Jahren (Aufklärung a la Oswald Kolle)als notgeil angesehen.  Das Brunftgeschrei interpretierte man als permanente Paarungsbereitschaft des Eigentümers. Die Ölbilder fanden sich schließlich als Gerümpel auf Dachböden oder verramscht Flohmärkten wieder. Pallenbergs Hirsch, in seiner Manneskraft, aber steht weiterhin im Hofgarten, röhrt und bleibt.

 

Ich danke dem Naturkundemuseum für die Herausgabe der Bilder

 

(weitere Infos unter www.dieahnin.com)

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