Ein Ausflug in Venedigs Lagune nach Torcello
von Anja Weinberger
Steigt man in Venedig an der Haltestelle Fondamente Nove in ein Vaporetto der Linie 12, so fährt man vorbei an der Friedhofsinsel San Michele, hält am Anleger Murano Faro und hat dann eine längere Strecke vor sich, ehe der Wasserbus die Insel Burano erreicht. Von hier aus sind es nur noch wenige Meter und wenige Minuten, und man ist auf Torcello angekommen.
Eindrucksvoll und suggestiv ist es, über die flache, leere Lagune auf Burano und Torcello zuzufahren. Hier gewinnt man am ehesten einen Eindruck von der ursprünglichen Lagunenlandschaft. Und möglicherweise kann man sich an diesem Ort auch eine Vorstellung von Venedig in seiner Frühzeit machen. Einsam ragt der Glockenturm des alten Domes Santa Maria Assunta in den Himmel, umgeben von nur wenig bewachsenen, flachsten Inseln und dem endlosen, dunklen Wasser der nördlichen Lagune, das hier kaum mehr von den Gezeiten berührt wird.
Eines davon ist die berühmte Locanda Cipriani. Giuseppe Cipriani eröffnete 1931 in Venedig nahe des Markusplatzes auch Harry’s Bar, die in den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein Treffpunkt der Schönen und Reichen war.
Mehrere Ausgrabungen haben zu der Erkenntnis geführt, dass Torcello in seiner Hochzeit zwischen 10 000 und 20 000 Einwohner beherbergte und größer und reicher war, als Venedig selbst. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts endete diese Blütezeit schlagartig, denn die Lagune um Torcello versumpfte immer mehr, und Malaria-Epidemien machten das Leben von da an unmöglich.
Die Kathedrale Santa Maria Assunta, vor der man nun staunend steht, wurde im späten 7. Jahrhundert gegründet und ist somit eine der ältesten erhaltenen Kirchenbauten Venedigs. Sie wurde in den Folgejahren umgebaut, vergrößert und erhielt den separat stehenden Glockenturm. Ihre Front wirkt auf uns etwas unaufgeräumt und willkürlich. Hauptsächlich dürfte das daran liegen, dass das Baptisterium auf dem Vorplatz bis auf wenige Steine verschwunden ist, eine Einzäunung etwas ungünstig vorgesetzt wurde und einige Fundstücke präsentiert werden.
Im Ganzen stellt die Kathedrale jedoch ein großartiges Beispiel dar für den frühchristlichen Kirchenbau. Ihre basilikale Grundstruktur, der offene Dachstuhl und vor allem natürlich die erhaltenen Mosaiken, denen Torcello hauptsächlich seine heutige Strahlkraft verdankt, verblüffen angesichts der heutigen Einsamkeit auf Torcello. Man bedenke außerdem, dass ein Großteil des Materials für den Bau über das Wasser herangeschafft werden musste.


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