Der Viktualienmarkt
von Barbara Feige
Seit der Stadtgründung Münchens war täglich Marktbetrieb in der Mitte der Stadt: auf dem Schrannenplatz – dem heutigen Marienplatz. Hier trafen sich die beiden wichtigen Handelsstraßen: die Weinstraße und die Salzstraße. Sämtliche Waren für den täglichen Bedarf wurden hier gehandelt, spezielle Güter gab es fast nur zu Dult Zeiten.
Das rege Markttreiben war der Obrigkeit Anfang des 19. Jahrhunderts allerdings ein Dorn im Auge. Bayern wurde 1806 Königreich, München die Haupt- und Residenzstadt. Da sollte der Hauptplatz der Stadt nicht täglich belagert werden. Und so wurde das nahegelegene Hl. Geist Spital Stück für Stück abgerissen und jeweils ein paar Standl auf dieses Areal verlegt. Als man damit 1823 fertig war, brauchte man natürlich noch einen schicken Namen. Und da man sich als Haupt- und Residenzstadt besonders gebildet geben wollte, war die Entscheidung für das lateinische „victualia“, zu Deutsch „Lebensmittel“, schnell gefallen und somit sprechen wir heute vom Münchner Viktualienmarkt.
Der „Bauch der Stadt“ wird der Viktualienmarkt auch heute noch genannt. Hier findet man sämtliche Lebensmittel und Delikatessen, die das Herz begehrt. Von der gemeinen gelben Rübe bis zur exotischen Flug-Ananas ist alles verfügbar. An der Metzgerzeile konkurrieren „die Apostelmetzger“ um die Kundschaft. Es waren einmal zwölf an der Zahl, daher der Name. Auch ein Pferdemetzger ist am Markt noch zu finden. Im Honighäusl hat man die Qual der Wahl zwischen über 60 Honigsorten, genauso wie am benachbarten Käsestand mit knapp 180 verschiedenen Sorten. Wer von dem Angebot schier überwältigt ist, stärkt sich zwischendurch am besten mit einem frisch gepressten Saft oder einem gerade sehr trendigen „Ingwer shot“.
Dann geht es weiter, um die überbordenden Angebote der Pilz- und Fischhändler zu begutachten. Am Rande befinden sich die Blumen- und Dekorationshändler – der Tisch mit den erlesenen Speisen will zu Hause eben auch schön gedeckt sein.
Doch das Herzstück des Marktes ist ohne Zweifel der Biergarten. Und auf die Frage „Wo ist München heute noch „richtig münchnerisch“?“ kann es nur eine Antwort geben: genau hier, unter den hochgewachsenen Kastanienbäumen, wo sich Gäste aus aller Welt und Einheimische treffen, genauso wie Alt und Jung und Arm und Reich. Da sitzt die Star-Anwältin neben dem Verkäufer aus dem Kaufhaus nebenan, denn vor allem an diesem Platz gilt der Münchner Leitsatz „Leben und leben lassen!“ Alle Besucher eint die Sehnsucht nach ein wenig Sonne, Gemütlichkeit und einer deftigen Brotzeit.
Diese kauft man vorab an einem der ca. 150 verschiedenen Standl und verzehrt sie gleich vor Ort im Biergarten. Ungefähr die Hälfte der Fläche, erkennbar an den einfachen Bierbänken, ist der alten Biergartentradition verpflichtet. Das heißt, das Essen darf selbst mitgebracht werden, nur das Bier (oder ein anderes Getränk) muss vor Ort erworben werden.

Altweibersommer –
ein Buch der Leiermann-Autorinnen und -Autoren.
Mit Texten zu einer besonderen Zeit.
Verwendete Literatur

Kulturgeschichten zum Kaffee
von Thomas Stiegler

Süddeutsche Küche
Anekdoten, Rezepte und mehr – von Christian Schaller
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