Der Rathausplatz in Augsburg

 

von Christian Schaller

Renaissance-Rathaus, der Perlachturm mit St. Peter und der Augustusbrunnen

Der Augsburger Rathausplatz ist das pulsierende Herz der Stadt. Die zahlreichen Cafés mit Blick auf das italienisch anmutende, monumentale Rathaus und den benachbarten Perlachturm erwecken den Eindruck, als sei der weitläufige Platz schon immer fester Teil der Schwabenmetropole gewesen. Tatsächlich entstand der Rathausplatz in seiner heutigen Form aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Wie kein anderer Ort kündet er bis heute von dem politischen und kulturellen Anspruch der ehemaligen Freien Reichsstadt.

Rathaus

Das Augsburger Rathaus ist einer der bedeutendsten Bauten der Spätrenaissance nördlich der Alpen. Es überwältigt bereits durch seine Ausmaße. Der monumentale Kubus besitzt 14 Fensterachsen, misst 45 auf 35 Meter und ist in Richtung des Rathausplatzes beeindruckende 44 Meter hoch. Dies wird durch die architektonische Strenge und Zurückhaltung der Fassade noch verstärkt. Die schlichte und klar gegliederte Front entstammt dem Bestreben des Stadtbaumeisters Elias Holl, die italienischen Vorbilder mit dem süddeutschen Renaissancestil in Einklang zu bringen. Bereits 1606 gab es Planungen in der Reichsstadt Augsburg, das alte, gotische Rathaus umzubauen. Im Jahr 1615 wurde dann die Entscheidung getroffen, einen kompletten Neubau zu wagen und gleichzeitig den benachbarten Perlachturm zu erhöhen. Bereits 1620 konnte die erste Ratssitzung in dem neuen Gebäude stattfinden, bis 1625 waren sämtliche Innenarbeiten abgeschlossen.

Die Sparsamkeit und Ausgewogenheit der Formen und Proportionen erschafft ein harmonisches Gesamtbild, welches den Monumentalbau zum Hauptwerk des Stadtbaumeisters Elias Holls macht. Es sollte gleichzeitig den Machtanspruch der damaligen Ratsoligarchie in einer wechselvollen Epoche zeigen, die von wirtschaftlicher Unsicherheit, religiösen Unruhen und den Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges geprägt sein sollte. Obwohl Augsburg seine traditionelle Rolle als heimliche Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation und Austragungsort der Reichstage mit einem adäquaten Gebäude untermauern wollte, war der Niedergang der Stadt nach dem Krieg nicht mehr aufzuhalten. Tatsächlich fand keiner der erhofften Reichstage mehr in der Stadt am Lech statt.

Über ein ausladendes Treppenhaus kommt man über das Untere Fletz und das Obere Fletz – zwei große Säle – in das eigentliche Herz des Rathauses: den Goldenen Saal im zweiten Stockwerk.

Dieser repräsentative Renaissancesaal ist ein Gesamtkunstwerk, das erst im Zusammenklang von prachtvoller Saaldecke, den bemalten Wänden, den Eingangsportalen und dem Marmorboden seine Wirkung entfaltet. Der Raum wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und ab den 1980er Jahren aufwendig rekonstruiert.

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Die Wandfresken lenken den Blick geradezu nach oben. Im unteren Bereich der Wände befindet sich Grisaillemalerei in einem monochromen Grauton, darüber befinden sich zwei Reihen von Kaiserportraits. Hier stehen heidnische Herrscher ihren christlichen Pendants gegenüber, um den Triumph des Christentums als einzig wahren Glauben hervorzuheben. Die Holzdecke besteht aus Nussholz und Verzierungen aus Lindenholz. Vor allem hier wird der Raum seinem Namen gerecht: Im Goldenen Saal wurden 2,6 kg Blattgold aus 23-karätigem Altgold mit einer Feinheit von 1/6000 mm verwendet.

Eingebettet in das goldene Schimmern liegen 11 große Deckengemälde. Im zentralen, längsovalen Mittelbild thront die Weisheit in Frauengestalt über allem. Zwei Rundbilder daneben zeigen die beiden nobelsten Aufgaben eines Regenten oder Stadtwesens: die militärische Wehrbereitschaft sowie das dem Wohl und der Repräsentation der Bürger dienende Bauwesen. Sie sind von acht Ovalbildern umgeben, welche klassische Bürgertugenden in einem funktionierenden Gemeinwesen zeigen – im Westen das Streben nach Wissen, Fleiß und Fruchtbarkeit, Arbeitsamkeit sowie Frömmigkeit, im Osten Heilkunst, Redlichkeit, Gerechtigkeit, Wohlstand. Dazwischen eingebettet sind 24 Kartuschen mit Insignien des Hauses Augsburg.

Im ganzen Saal wird die Verbindung der freien Reichsstadt Augsburg, damals eine Art autonomer Stadtstaat im Heiligen Römischen Reich, und dem damaligen Kaiserhaus betont. Der Saalboden ist mit Marmor aus Steinbrüchen im Salzburger Land und dem Altmühltal ausgekleidet. Von den ehemals vier angrenzenden Fürstenzimmern sind bis heute das nordwestliche und südwestliche rekonstruiert worden. Mit ihren reich profilierten Kassettendecken aus Nussbaum- und Eichenholz dienen sie damals wie heute als gediegene und intime Empfangs- und Besprechungsräume. Ein Schmuckstück ist der originalgetreu wiederhergestellte Kachelofen aus 238 Einzelstücken bei einer Höhe von 5,46 Metern und einem Gewicht von drei Tonnen.

Perlachturm mit St. Peter am Perlach

Direkt neben dem Rathaus ragt der Perlachturm wie ein italienischer Campanile in den Himmel. Im Schatten des hohen Turmes schmiegt sich die Kirche St. Peter am Perlach an, einer der bedeutendsten, mittelalterlichen Sakralbauten im süddeutschen Raum, eine der wenigen erhaltenen romanischen Hallenkirchen und einer der frühesten nachantiken Ziegelbauten. Ihr Erhalt ist ein Glücksfall und die zahlreichen Stiftungen im Inneren zeugen von einer jahrhundertelangen Bedeutung, deren Ruf sogar bis in das Audienzzimmer des Papstes Franziskus reicht. St. Peter am Perlach ist ein Kollegiatsstift, also eine Gemeinschaft von Säkularkanonikern (Weltpriester, weltliche bzw. unregulierte Chorherren).

Im Jahr 1067 stiftete der Edle Schwigger von Balzhausen als Zustiftung das Gut Lamerdingen im Ostallgäu samt Zubehör und 20 Leibeigenen an die einige Jahre zuvor gegründete Kirche St. Peter in Augsburg. Dadurch wurde St. Peter zu einem Kollegialstift mit einem Propst und drei (ab dem Jahr 1300 fünf) Kanonikern ausgeweitet. Hinzu kam die Verpflichtung, für das Seelenheil der Stifterfamilie zu beten. Die Kanoniker von St. Peter entstammten meist dem Augsburger Patriziat, die Kirche erhielt immer wieder Schenkungen, Kunstwerke, liturgische Geräte, Paramente (Textilien) und Stiftungen. 1429 erhielt das Stift Bürgerrecht.

Perlachturm, ©ChristianSchaller

Im frühen Mittelalter noch außerhalb des Dombezirks gelegen fiel die Kirche mehrmals Kämpfen und Feuer zum Opfer. Die heutige romanische Hallenkirche wurde 1182 erbaut, die noch erhaltene Tonfigur des Christus Pantokrator wurde im Ostgiebel angebracht. Der Perlachhügel zwischen Dom und St. Afra wurde im Mittelalter zum Zentrum des bürgerlichen Augsburgs, gelegen zwischen dem Lechviertel der Handwerker und der Unteren Stadt der Kaufleute. St. Peter lag am Schnittpunkt zwischen der Nord-Süd-Straße sowie der West-Ost-Verbindung in Richtung Jakobertor.

Ab dem 11. Jahrhundert sind lebhafte Märkte rund um die Kirche belegt, 1260 wird erstmals der Fischmarkt zwischen St. Peter und dem benachbarten Rathaus erwähnt. Die Verbindung zwischen den Ratsherren und St. Peter war sehr eng. Vor jeder Bürgermeisterwahl am Dreikönigstag fand beispielsweise eine Messe statt. Bis heute ist es Tradition, dass Stadtrat und OberbürgermeisterIn nach der Sommerpause einen ökumenischen Gottesdienst in St. Peter feiern.

St. Peter ist neben Westchor und Krypta des Domes eines der ältesten erhaltenen Bauwerke des mittelalterlichen Augsburgs und einer der frühesten Ziegelgewölbebauten Süddeutschlands. Der Innenraum ist 27,5 m lang, 15 m breit, das Mittelschiff ist 10,6 m hoch und besitzt drei annähernd gleich hohe Schiffe, prägnante Gurtbögen bewirken eine gleichmäßige Reihung von Schiffen und Jochen. Unter den zahlreichen bedeutenden Kunstwerken sticht vor allem das barocke Gemälde „Maria Knotenlöserin“ hervor, das 1700 von Hieronymus Ambrosius Langenmantel gestiftet wurde, der zu dieser Zeit auch ein Kanoniker war. Kopien des Bildes fanden im späten 20. Jahrhundert nach Südamerika, wo die Darstellung der knoten- und damit problemelösenden Maria große Beliebtheit erlangte – so auch beim damaligen Bischof von Buenos Aires, Jorge Mario Bergoglio, besser bekannt als Papst Franziskus. Eine Replik des Gemäldes schmückt seinen Audienzsaal im Vatikan.

Der Perlachturm war ursprünglich nur vom Kircheninneren zugänglich und barg seit dem Mittelalter die Sturmglocke, die bei Feuer in und Feinden vor der Stadt erklingen sollte. Ab dem 16. Jahrhundert war er sowohl Glockenturm für St. Peter als auch städtischer Besitz. Er wurde mehrmals erhöht, zuletzt bis 1616 auf die heutigen 70,4 Meter. Ausführender Architekt war der berühmte Stadtbaumeister Elias Holl, der auch das benachbarte Rathaus neugestaltete. Er überführte die alten Glocken des gotischen Rathauses in das von ihm neu geplante Turmstockwerk, das er mit zehn dorischen Steinpfeilern und einem neuen Zwiebeldach mit Laterne krönte. Auf der Spitze wurde 1615 eine goldene Figur der Cisa angebracht, einer angeblichen römischen Stadtgöttin von Augsburg. Im Jahr 1622 wurde der Außenzugang erbaut.

Jedes Jahr am 29. September, also dem Michaelitag, findet das traditionelle Turamichele-Fest in Augsburg statt. Hierbei handelt es sich um eines der ältesten Kinderfeste Deutschlands, in dessen Mittelpunkt der Kampf des Guten gegen das Böse steht – in Form eines mechanischen Figurenspiels im großen, unteren Fenster des Perlachturms. Der heilige Michael sticht zu jeder vollen Stunde im Takt der Stundenschläge mit einer Lanze auf den Teufel zu seinen Füßen ein. Der Brauch ist seit dem 16. Jahrhundert bezeugt und war damals noch ein Symbol der Gegenreformation. Augsburg entwickelte sich nach der Reformation zu einer bikonfessionellen Reichsstadt, es lebten also sowohl Katholiken als auch Protestanten auf engstem Raum zusammen. Nachdem Schmalkaldischen Krieg 1547 wurde die protestantische Bevölkerungsmehrheit von einem kleinen, katholischen Rat regiert. Das Turamichele sollte die politisch zunächst geschlagenen Protestanten verhöhnen.

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Augustusbrunnen

Von 1588 bis 1594 entstand mit dem Augustusbrunnen der erste der Augsburger Prachtbrunnen.  Er wurde von Hubert Gerhard (ca. 1540-1620) modelliert und schließlich vom Stadtgießer Peter Wagner († um 1595) in Bronze gegossen. Die zentrale, 250 Zentimeter hohe Figur auf dem Pfeiler zeigt Kaiser Augustus in mittlerem Alter, in prachtvoller Rüstung und mit zur adlocutio-Geste erhobener rechter Hand. Auf seinem Kopf ruht ein Lorbeerkranz, seinen Waffenrock zieren Löwenköpfe, Delfine und Tritonen. Den reich verzierten, vierseitigen Sockel schmückt in jede Himmelsrichtung eine heute feuervergoldete Inschrift.

Unterhalb befinden sich weibliche Hermen aus Bronze, deren Brüste als Wasserspeier und zugleich Symbol des Überflusses dienen. An den Ecken thronen Putten mit wasserspeienden Fischen in den Händen. Sie sitzen auf Voluten, an denen wiederum ein wasserspeiender Löwenkopf angebracht ist. Auf dem Beckenrand des Brunnen liegen vier Aktfiguren, die man als die Wassergottheiten und Personifikationen der wichtigsten Augsburger Gewässer interpretieren kann.  Der Lech, ein alter bärtiger Mann, trägt die Attribute Tannenzapfen, Wolfsfell und Ruder, welche Wald und Jagd, aber auch Schifffahrt und Fischreichtum repräsentieren. Die Wertach, ein Mann mit Eichenlaubkranz, Fischernetz und Fisch versehen, symbolisiert seine nährstoff- und dadurch fischreichen Gewässer.

Der Brunnenbach, eine junge Frau mit Krone, Schmuck und dünnem Schleier, hält eine verzierte Kanne und ein überquellendes Füllhorn – als Attribute für den Reichtum und Überfluss, den ihr wertvolles Trinkwasser bringt.

Die Singold ist zuletzt ebenfalls als junge Flusgöttin mit Ährenkrone, Ähren und Zahnradviertel dargestellt. Als wichtiger Mühlfluss war sie für die Mehl- und damit Nahrungsversorgung Augsburgs von elementarer Bedeutung. Ein kunstvoll geschmiedetes Gitter umgibt das Becken, bekrönt von Spiralranken und Spindelblumen.  Kein lebender Herrscher, sondern der historisch – besonders für die Stadt – so bedeutsame Augustus fungiert hier als Friedensbringer im konfliktreichen Zeitalter der Konfessionalisierung.

Der übrige Brunnenschmuck und die Flussgötter unterstreichen dies und symbolisieren gleichsam Fruchtbarkeit, Wohlstand und Überfluss. Darüber hinaus verdeutlicht der Brunnen – ähnlich wie der Wappner – die ergebene Verbundenheit von Stadt und Kaiser. Der Bildhauer Hubert Gerhard zeichnete sich fast pionierhaft für einen Techniktransfer der „italienischen Manier“ in den süddeutschen Raum aus, die sich in der öffentlichen Kolossalplastik, der Platzierung von Figuren auf dem Beckenrand oder auch der Beckenform offenbart.

Augustusbrunnen, ©ChristianSchaller

Mit dem Augustusbrunnen wurde nicht nur ein Kunstwerk europäischen Ranges im Zentrum der Renaissancestadt geschaffen, sondern auch ein Dokument einer prekären wie einzigartigen Situation im Augsburg des späten 16. Jahrhunderts. Durch die anspruchsvolle Kombination von Bildprogramm und Komposition zählt der Augustusbrunnen zu einer Meisterdarstellung der späten Renaissance und des frühen Manierismus. 1749 wurde der Brunnenpfeiler im Rokokodekor erneuert. In den 1990er Jahren wurden alle Figuren aufwendig restauriert und die Augustusfigur durch eine Kopie ersetzt.

Der Rathausplatz – nicht nur Rathaus und Perlachturm

Der Augsburger Rathausplatz ist heute vielleicht das pulsierende Herz der bayerischen Großstadt, aber nichtsdestotrotz ein reines Zufallsergebnis, das erst aus zahlreichen Umgestaltungen nach über tausend Jahren entstanden war.

Augsburg ist eine der ältesten Städte Deutschlands. Die von den Römern gegründete Siedlung auf dem Gebiet des heutigen Domviertels avancierte im ersten Jahrhundert nach Christus zur Provinzhauptstadt Raetiens und war spätestens im zweiten Jahrhundert die unangefochtene Metropole des Voralpenlandes mit geschätzten 10.000 Einwohnern. Im frühen Mittelalter schrumpfte die Stadt auf einen kleineren Bereich um den heutigen Dom zusammen, bevor sie sich ab dem 10. Jahrhundert wieder vergrößerte. Die neuen Häuser der Handwerker und Kaufleute entstanden entlang der alten Römerstraße Richtung Italien.

Im Süden, weit außerhalb der römischen und frühmittelalterlichen Stadt, bestand ein spätantikes Gräberfeld, auf dem auch die um 300 in Augsburg hingerichtete Märtyrerin Afra ihre letzte Ruhe fand. Aus der Verehrung dieser Heiligen entstand über die Jahrhunderte ein Pilgerort, aus dem die spätere Benediktinerabtei St. Ulrich und Afra erwachsen sollte. Auf halbem Weg zwischen dem Dom und dem spätrömischen Gräberfeld im Süden sollte das neue politische und wirtschaftliche Zentrum der wachsenden Bürgerstadt entstehen. Hier existierte eine kleine Erhebung, der sogenannte Perlachberg. Dieses Gebiet des heutigen Rathausplatzes lag am Rande der charakteristischen Hochterrasse, welche die Altstadt bis heute prägt.

Rathausplatz, ©manfredxy

Seit dem 10. Jahrhundert ist hier ein Wachturm bezeugt, ab 1260 das Rathaus. Im 15. Jahrhundert werden die Herrenstube und die Stube der Kaufleute erwähnt, Versammlungsort des jeweiligen Standes und damit eine Vorform städtischer Verwaltungsgebäude. Der mittelalterliche Baubestand musste fast völlig der umfassenden Neubebauung durch Elias Holl um das Jahr 1600 weichen. Den Anfang hatte 1594 der Augustusbrunnen gemacht, der die innovative Formensprache der Renaissance am zentralen, öffentlichen Platz der Reichsstadt zur Schau stellte.

Es folgte ein Stadtumbauprogramm, das im Mitteleuropa der Spätrenaissance seinesgleichen suchte. Elias Holl erbaute bis 1602 das Bäckerzunfthaus und bis 1616 den Neuen Bau, eine Art italienischer Loggia. Den krönenden Abschluss bildeten der Neubau des Rathauses bis 1624 und der Umbau des benachbarten Perlachturmes bis 1616. So entstand ein Zusammenspiel aus der unregelmäßigen, gewachsenen Kleinteiligkeit des Mittelalters mit einem repräsentativen Platzraum im Sinn der Renaissance. Die neuen Bauten dienten der Repräsentation der Reichsstadt Augsburg, die ihren Wohlstand und ihre Würde zur Schau tragen wollte. Der Rathausplatz war damit ein politischer und gesellschaftlicher Mittelpunkt der Stadt.

Nach dem Ende der reichsstädtischen Zeit 1806 wurde Augsburg dem jungen Königreich Bayern zugeschlagen. Die Kaufleute- und Herrenstube wurde abgerissen und der Neubau einer Börse durch Johann Nepomuk Pertsch bis 1830 projektiert und ausgeführt. Diese wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Der für den Wiederaufbau in den Nachkriegsjahren verantwortliche Stadtbaurat Walther Schmidt plante wie selbstverständlich einen Wiederaufbau, strebte dabei aber eine völlige Veränderung des bisherigen Ortsbildes an: Ein kubischer Rasterbau sollte einen kleinen, rechteckigen, auf das Rathaus gerichteten Platz schaffen. Seine Planung durchlief zunächst alle nötigen Instanzen, löste aber gleichzeitig enorme Kritik unter KunsthistorikerInnen und ArchitektInnen aus. Als 1960 die Börsenruine abgebrochen und damit der Blick auf das Rathaus frei wurde, kam es zu einem bis dahin in Augsburg beispiellosen Protest: Es bildete sich ein Komitee „Freier Rathausplatz“, das 55.000 Stimmen gegen Schmidts Planung sammelte. 1962 beschloss auch der Stadrat eine Nichtbebauung. Der heutige, große Rathausplatz war geboren – und zwar nicht als planerische Entscheidung von oben herab, sondern als Ergebnis eines frühen, in der Geschichte der BRD bis dahin beispiellosen Bürgerentscheids.

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von Christian Schaller

Öffnungszeiten des Rathauses und Goldenen Saales:

Mo–Sa: 10:00–18:00 Uhr, Kassenschluss 17:30 Uhr

Sonn- und Feiertags: 10:00–15:00 Uhr

Eintrittspreise: Rathaus für Besucher

Verwendete Literatur
  • Nagler, Gregor: Rathaus. In: Schülke, Yvonne (Hg.): artguide Augsburg. Kunst-, Kultur- und Stadtführer. Augsburg 2008, S. 25-27.
  • Roeck, Bernd / Kühlenthal, Michael: Der Augustusbrunnen in Augsburg. München 2003.
  • Roeck, Bernd: Elias Holl. Architekt einer europäischen Stadt. Regensburg 1985.
  • Roll, Carmen: St. Peter am Perlach in Augsburg. Wallfahrtskirche zur Gottesmutter „Maria Knotenlöserin“. Augsburg 2006.

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