Der Alte Südliche Friedhof

 

von Barbara Feige

Einer der schönsten Orte der Münchner Innenstadt ist der Alte Südliche Friedhof. Ursprünglich als Pestfriedhof 1563 weit vor den Toren der Stadt angelegt, ist er heute für uns ein begehbares Geschichtsbuch, in dem man, immer wieder aufs Neue, bisher unbekannte Details entdecken kann.

Ursprünglich wurde um die Peterskirche, das erste kirchliche Zentrum, bestattet, ab 1271 kam der Gottesacker um die Marienkirche hinzu. Mit dem steten Zuwachs der Bevölkerung entstanden am Ende des Mittelalters zwei weitere Friedhöfe mit dazugehörenden Kirchen: Die Allerheiligenkirche am Kreuz für die Peterspfarrei und die Salvatorkirche für die Frauenpfarrei. Doch auch diverse Münchner Klöster besaßen ihre eigenen kleinen Friedhöfe. Mit dem Aufkommen der Pest und anderer Seuchen war die Kapazität der innerstädtischen Friedhöfe bald erschöpft und man musste vor die Tore der Stadt ausweichen. So kam es zur Gründung des „ferteren Freithofs“. Hier wurden also vorrangig Pestopfer bestattet, die „normalen“ Beerdigungen sollten immer noch innerhalb der Stadtmauern vollzogen werden.

© Barbara Feige

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Durch das stete Wachstum der Stadt und das Verbot von Bestattungen innerhalb der Stadtmauern 1789, wurde ein neuer Zentralfriedhof nötig und die Umgestaltung des Alten Südlichen Friedhofs begann. So besteht der Friedhof nun aus zwei Teilen, dem Alten Teil und dem ab 1818 erschaffenen Neuen Teil, mit dem bekannten Grundriss eines Sarkophags. Verbunden sind beide Teile durch die beeindruckende dreischiffige Pfeilerhalle von Friedrich von Gärtner.

Viele für die Entwicklung Münchens wichtige Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts sind hier beerdigt – Bankiers, Reformer, Brauer, Stadtplaner, Erfinder… Auch die beiden Architekten Leo von Klenze und Friedrich von Gärtner – Zeit ihres Lebens Konkurrenten um die Gunst Ludwig I. – sind quasi Nachbarn.

Läuft man an den Gräbern vorbei und liest die Inschriften, hat man bei vielen prominenten Namen sofort einen kleinen Abriss über ihr Leben vor Augen und viele spornen dazu an, ihre Geschichte nochmals genauer nachzulesen. Sehr vielen davon ist in München übrigens auch eine Straße gewidmet! Schöne Berufsbezeichnungen gilt es zu entdecken und man fragt sich, wie wohl das Leben einer Privatiersgattin oder einer Hoflakaienswitwe im 19. Jahrhundert ausgesehen haben mag. Unter etwas handfesteren Bezeichnungen wie Lohnkutscher oder Milchhändler kann man sich schon eher etwas vorstellen.

© Barbara Feige

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Ein außergewöhnliches Denkmal – eigentlich ein Brunnen – nach dem Entwurf von Friedrich von Gärtner (Ausführung Johann Baptist Stiglmaier) erinnert an die 682 Gefallenen der Sendlinger Mordweihnacht 1705.

Als einer der wichtigsten Friedhöfe Europas, ist der Alte Südfriedhof auch ein Zeugnis für die sich wandelnde Begräbniskultur. Die letzte Beerdigung fand am 18. Dezember 1943 – die Bankkassiersgattin Maria Birkner – statt, seitdem durften hier keine Bestattungen mehr erfolgen. Der Friedhof wurde im zweiten Weltkrieg schwer getroffen und nur ein Bruchteil der ursprünglichen Gräber konnte erhalten oder wiederhergestellt werden.

Die kleine barocke, zum Friedhof dazugehörende, Kirche St. Stephan am Stephansplatz ist ebenfalls einen Besuch wert. Ab 1674 von Georg Zwerger erbaut, erstaunt den Besucher das Tonnengewölbe inklusive teilweise original erhaltenem Stuckdekor.

Der Alte Südliche Friedhof steht heute unter Denkmal- und Naturschutz. So konnten sich hier viele geschützte Pflanzenarten ausbreiten und die Zeugnisse der Vergangenheit wurden zur grünen Oase.

© Barbara Feige

Adresse:

Alter Südlicher Friedhof

Thalkirchner Straße 17

80337 München

© Barbara Feige

Verwendete Literatur

Altweibersommer

ein Buch der Leiermann-Autorinnen und -Autoren.

Mit Texten zu einer besonderen Zeit.

 

Sommerfrische

Erholung und Reisen in früheren Zeiten

 

 

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