Antonio Salieri
von Andrea Strobl
Die meisten von uns kennen den Film „Amadeus“ von Miloš Forman aus dem Jahre 1984. Als ich den Film das erste Mal im Kino sah, beeindruckte mich am meisten die Figur des Antonio Salieri (im Film meisterhaft verkörpert von F. Murray Abraham und mit einem Oscar prämiert).
Ich hatte den Namen Antonio Salieri bis dato nur so „nebenbei“ gehört. Und so begann ich damals, mich in den Bibliotheken etwas auf die Suche zu machen. Für mich ein durchaus erlaubter „Ausflug“, gehörten schließlich u. a. die Opernlibretti des im 18. Jahrhundert so berühmten Pietro Metastasio zu den Themen meiner anstehenden Magisterprüfung (nicht aus musikgeschichtlicher, sondern allein aus dramentheoretischer Perspektive). Aber ich erfuhr bei dieser Suche unter anderem, dass der junge Salieri auch Metastasio kennengelernt hatte und von ihm den einen oder anderen wertvollen Tipp für seine Opernkompositionen bekommen hatte!
Jedenfalls fragte ich mich damals nach dem Kinobesuch: Wer war denn eigentlich dieser Antonio Salieri und welche Rolle spielte er wirklich im Leben Mozarts?
Heinrich Eduard von Wintter (Künstler), „Anton Salieri“, 1815, © Wien Museum; Inv.-Nr. W 5671, CC0 (https://sammlung.wienmuseum.at/objekt/483454/)
Antonio Salieri wurde 1750 in Legnago in der Republik Venezia geboren. Er entstammte einer betuchten Kaufmannsfamilie und zeigte schon als Kind eine Begabung für Musik. Er erlernte Cembalo, Violine und Gesang. Nach dem verfrühten Tod seiner Eltern begab er sich im Alter von nur 16 Jahren zunächst über kurze Stationen in Padua und Venedig nach Wien, wo ihn der Hofkapellmeister von Kaiser Joseph II., Florian Leopold Gassmann, unter seine Fittiche nahm und seine weitere Ausbildung förderte. Schon im Jahre 1770 wurde Salieris erste Oper, Le Donne Letterate (Die belesenen Frauen), in Wien uraufgeführt. Nur vier Jahre später wurde er von Joseph II. zum Hofkompositeur und schließlich im Jahre 1788 nach Gassmanns Tod zum Hofkapellmeister ernannt, eine Funktion, die er 36 Jahre lang inne behalten sollte.
Im Laufe seines Lebens komponierte Salieri mehr als 40 Opern, aber auch Kammermusik und sakrale Musikwerke – allerdings nicht immer nur für den österreichischen Kaiserhof: Christoph Willibald Gluck, der in Paris einen Auftrag für eine neue Oper aufgrund seiner angeschlagenen Gesundheit nicht mehr ausführen konnte, übertrug Salieri diese Aufgabe. Joseph II. setzte sich höchstpersönlich bei seinem Schwager Ludwig XVI. für Salieri ein. So entstand die Oper Les Danaïdes, die im Jahre 1784 in Paris Premiere hatte und vom französischen Hof und dem Publikum gefeiert wurde.
Aber vor allem die 1787 uraufgeführte Oper Tarare fand großen Anklang, die Salieri mit Pierre Beaumarchais als Librettist komponierte. Man beachte, dass sich hier der Kreis zu Mozart schließt: Basierte doch Mozarts 1786 uraufgeführte Oper Le Nozze di Figaro auf dem damals berühmt-berüchtigten Theaterstück Le Marriage de Figaro von Beaumarchais. Hinzu kommt noch, dass das französische Libretto von Tarare von Lorenzo da Ponte unter dem Titel Axur, Re d’Ormus ins Italienische übertragen wurde.
Was fällt bei all dem auf? Nicht nur Salieris Zusammenarbeit mit Beaumarchais, sondern auch mit Lorenzo da Ponte, dem Librettisten von Mozarts Opern Le Nozze di Figaro, Don Giovanni und Cosi fan tutte! Es lief also damals im Grunde nicht anders als heute: Man kannte sich in Künstlerkreisen, man inspirierte sich gegenseitig, aber man spann dem einen oder anderen eben auch einen Auftrag aus – immer auf der Suche nach dem so notwendigen Einkommen!
So kommen wir zur nächsten Frage: Wie war denn nun Salieris Verhältnis zu Mozart, das ein Leitthema von Miloš Formans Film ist und auf der Legende basiert, Salieri hätte etwas zu tun mit dem Tod von Mozart oder hätte ihn gar vergiftet?
Nichts davon ist historisch belegt. Gegen diese Legende spricht vor allem auch Mozarts Erwähnung Salieris in seinen diversen Briefen. Laut dieser Erwähnungen mag das Verhältnis der beiden Komponisten über all die Jahre vielleicht ab und an etwas zwiespältig gewesen sein; vor allem einander „ausgespannten“ Aufträgen geschuldet (inklusive künstlerischem Neid und überstiegenem Ego), aber es war wohl in Wirklichkeit überwiegend von gegenseitigem Respekt geprägt. Selbst bei seiner Einführung als Kapellmeister am kaiserlichen Hofe im Jahre 1788 wählte Salieri Mozarts „Figaros Hochzeit“ aus, anstatt ein eigenes Werk zu Gehör zu bringen. So lässt nichts den Schluss zu, Salieri wäre irgendwie in den Tod Mozarts involviert gewesen. Hier mag man dem Filmemacher Forman und dem Film zugrunde liegenden Theaterstück von Peter Shaffer aus dem Jahre 1979 ein Zugeständnis machen: Ein Theaterstück oder ein Film sind eben auch oft nur schöne Fiktionen und basieren beileibe nicht immer auf Fakten!
Aber noch einmal zurück zu Salieri: Seine letzte Oper Die Neger wurde im Jahre 1804 uraufgeführt und fiel komplett durch. Ab da widmete er sich vermehrt der sakralen Musik, aber auch dem Dirigieren und dem Lehren. So wurde er Lehrmeister und Förderer unter vielen anderen von Haydn, Schubert und Ludwig van Beethoven, dem er 1797 drei Violinsonaten (Opus 12) widmete.
Antonio Salieri verstarb im Jahre 1825 in Wien und wurde zunächst auf dem Matzleinsdorfer Friedhof begraben. Bei seiner Beerdigung wurde sein Requiem in c-moll zum ersten Mal gespielt. Seine Gebeine wurden später auf den Wiener Zentralfriedhof überführt. Auf seinem Grabstein sind die Verse seines Schülers Joseph Weigel eingraviert:
Ruh sanft! Vom Staub entblößt,
Wird Dir die Ewigkeit erblühen.
Ruh sanft! In ew’gen Harmonien
Ist nun Dein Geist gelöst.
Er sprach sich aus in zaubervollen Tönen,
Jetzt schwebt er hin zum unvergänglich Schönen.
War Antonio Salieri im 19. Jahrhundert fast vergessen, erlebten seine Kompositionen in den letzten Jahrzehnten, nicht zuletzt durch Formans Film inspiriert, eine Wiederentdeckung:
So nahm Cecilia Bartoli 2003 eine CD mit dreizehn vorher nie veröffentlichten Arien Salieris auf, Diana Damrau brachte eine CD mit u. a. sieben Arien Salieris heraus. Und noch einige andere Künstler beschäftigen sich seitdem immer wieder mit seinem Werk. Im Jahre 2011 wurde in Graz, der Heimatstadt von Salieris Librettisten Leopold Augenbrugger, die Oper „Der Rauchfangkehrer“ aufgeführt.
Antonio Salieri ist also zu Recht nicht vergessen!
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